Zweisimmen

Baugruppe B (Zweisimmen, Dorf)
Beschreibung
Die Baugruppe umfasst den alten, noch bäuerlich geprägten Dorfteil ?Tüll? sowie das Bahnhofquartier. Der Ortsteil ?Tüll? zieht sich von der Simme gegen N den sanften Hügelfuss des Hundsrügg hinauf und führt gegen NO der Thunstrasse entlang. Der markanteste Bau ist der Gasthof Bären, zu dem am Standort der heutigen Metzgerei einst eine Badstube gehörte. Daneben befindet sich, gegen S durch den Lauf der Simme begrenzt, der grossräumige Marktplatz, wo früher Vieh und Waren feilgeboten wurden und der heute mehrheitlich als Parkplatz dient. Auf der Seite des Gasthof Bären reihen sich entlang der Thunstrasse traditionelle Holzbauten, die grösstenteils aus dem 1. V. 19. Jh. stammen und das Ortsbild stark prägen. An der ansteigenden Bolgengasse und im Bereich Stampfi-Gässli spiegeln durchschnittlich noch über hundert Jahre ältere Gebäude das Bild des einstigen Bauerndorfes wider. Besondere Aufmerksamkeit verdienen hier das sogenannte Hübeli-Gut von 1711, Nr. 5, ein prächtiger Barock-Bau, in dem einst die ersten Krankenstuben der Gemeinde eingerichtet waren, sowie das etwas ältere weitgehend original erhaltene Bauernhaus an der Bolgengasse 12. Nach der Anknüpfung der Gemeinde an das nationale Schienennetz entstand ab 1902 das Bahnhofquartier, das einem einheitlichen und klar orthogonalen Bebauungsplan folgt, wie er in den grösseren Städten bis kurz nach 1900 üblich war. Die Gebäude an der Bahnhof- und Montreuxstrasse entstanden innerhalb weniger Jahre und haben das Ortsbild von Zweisimmen neu geprägt, da sie den Umbruch des Ortes vom Bauerndorf zur Tourismusdestination markieren. Bis heute atmet man in diesen beiden markanten Strassenzügen die Aufbruchsstimmung der Zeit kurz nach 1900. Während die Bahnhofstrasse mehrheitlich mit spätklassizistischen Holzbauten in eher schlichtem Schweizer Holzstil bebaut wurde, zeigt die Montreuxstrasse mit ihren romantisierenden Historismusbauten eine fast schon städtische Grandezza, wie sie wohl an keinem zweiten Ort im Berner Oberland zu finden ist. Der in Paris ausgebildete, örtliche Architekt Ernst Wälti hat hier eine Reihe von Bürgerhäusern errichtet, die durch ihre stilistische Einheitlichkeit überraschen und von denen die Meisten samt Umgebungsgestaltung in hervorragendem Erhaltungszustand überliefert sind. Bezugs- und Angelpunkt der beiden Strassenzüge bilden die beiden Bahnhofsgebäude der SEZ und der MOB, wobei letzteres mit seinem markanten Uhrtürmchen bis heute ein Wahrzeichen des Ortes ist und die Blickachse der Montreuxstrasse Richtung S beschliesst. Historisch, räumlich und architektonisch ist es eine bedeutende Baugruppe mit einer für das Tal einzigartigen Konzentration von Bauten der Jahrhundertwende und des blühenden Tourismus jener Zeit sowie wertvollen bäuerlichen Altbauten aus der Phase vor dem Dorfbrand 1862.